Städtereise: Ein Wochenende in Lübeck

Tach zusammen aus Lübeck!

Als ich kürzlich eine Städtereise nach Lüneburg plante, hätte ich beinahe versehentlich – ganz nach dem Motto „chaoskirsche on tour“ – ein Zimmer in Lübeck gebucht. Damit war klar, wohin mich der nächste Wochenendtrip führen würde: in die Hansestadt, die für Marzipan und Holstentor berühmt ist. Wer Insidertipps für einen tollen Ausflug dorthin sucht, ist hier genau richtig.

„Was gibt’s denn so in Lübeck?“, fragt mich meine Cousine mit erwartungsvoll aufgerissenen Augen. Zusammen sitzen wir in meinem Caddy Kalle und fahren in Richtung Hansestadt. „Hmm. Marzipan, das Holstentor, ne schicke Altstadt…“, zähle ich auf. „Kneipen auch?“, fällt sie mir ins Wort. „Klar. Sonst wär’s keine schöne Stadt…“, grinse ich. 700 Kilometer und zwei Tage später wissen wir: Wir hatten Lübeck Unrecht getan. Die Stadt hat noch viel mehr zu bieten. Echte Zeitreisen zum Beispiel.

Lübeck zeigt sich direkt von der besten Seite

Wer freitagabends in Lübeck ankommt, der wird sofort verzaubert. Das Holstentor erstrahlt – und wirkt damit quasi wie ein außerirdischer Eingang zur Museumsinsel. Die schmalen Gassen der Altstadt sind in schummriges Licht getaucht. Und immer wieder spiegelt sich diese ganze Pracht im Wasser der Trave, die die Museumsinsel, den rund 2 Quadratkilometer großen Kern der Altstadt, umschließt.

Lübeck zu später Stunde
Nachts an der Trave

Wir stellen Kalle auf dem öffentlichen Parkplatz an der Alten Mühle (fürs Navi: Mühlendamm 24) ab. Das kostet uns bis Sonntagabend 6 Euro, was uns ziemlich zufrieden grinsen lässt.

Dann schultern wir unsere Rucksäcke und machen uns auf in Richtung Dom, dessen Türme nicht mehr ganz so symmetrisch daherkommen, wie sie vielleicht früher einmal erbaut worden sein mögen. Ruhig und freundlich ist es in Lübeck; wir fühlen uns sofort wohl. Das ändert sich auch nicht, als wir ein paar Meter weiter ins „Fegefeuer“ einbiegen – die Straßen haben hier seltsame, aber durchaus amüsante Namen.

Vom „Fegefeuer“ aus ist es nicht mehr weit bis zum kleinen Ganghaus gegenüber dem St. Annen-Museum, in dem Wilhelm uns über www.airbnb.de eine sehr niedliche und vor allem saubere Mini-Wohnung mit riesigem Doppelbett für einen schmalen Kurs vermietet hat. (Übrigens: Wer in der Lage ist, schon beim Betreten des Hauses zu bemerken, dass die Treppenstufen nicht gleichmäßig breit angelegt sind, fliegt beim Runtersteigen derselben auch nicht auf die Nase. Ich hab‘ mich aufgeopfert und das schon mal für euch erledigt. ;))

Ganz viel Live-Musik

Natürlich verbringen wir die erste Nacht nicht im Apartment, sondern machen uns auf, das Nachtleben Lübecks zu erkunden. Der Zufall will es, dass wir im „Finnegan“ landen. Der Irish Pub schaut von außen eher minimalistisch aus, doch als wir ihn betreten, sind wir erstaunt: Oben ist’s größer als gedacht und im Keller verbirgt sich ein weiterer gemütlicher Thekenraum, in dem heute Abend auch noch Live-Musik angesagt ist – wie eigentlich fast jeden Freitag und Samstag. Glück für uns! Schon bald grölen wir „Country Roads“, aber auch „Nothing else matters“ mit. Beides wird dargeboten von einem echten Schotten, der mit Stimme und Gitarre umzugehen weiß.

Live-Musik im „Finnegan“

Trotzdem lassen wir uns dazu hinreißen, noch einen Abstecher zum „Funambules“ zu machen. Aus todsicherer Quelle (dem Internet) weiß ich: Hier gibt’s heute Abend ebenfalls Live-Musik. Und zwar von einer Punkrock-Band. Diese entpuppt sich nach einem kurzen Fußmarsch entlang der Trave jedoch als Blues-Band. Aber da wir schon mal hier sind, trinken wir auch ein Bier. Alternativ hätten wir uns auch eine „Schietwedder-Suppe“ gönnen können, doch das Wetter ist ja nicht schlecht, sondern gut. Also doch lieber Flüssignahrung 😉

Wir können nicht anders: Das „Finnegan“ lässt uns nicht los, weshalb wir uns bald erneut dort wiederfinden. An unserem Tisch ist es voller geworden: Zwei Kerle sinnieren über seltsame Probleme, die uns nicht interessieren. Dafür sind die beiden Frauen neben uns umso lustiger und trällern ebenfalls alle Lieder, die der Schotte zum Besten gibt, voller Inbrunst mit.

Als der Herr der Gitarren dann den letzten Song geschmettert hat, kommt die große Frage auf: „Und – wohin gehen wir jetzt?“ Der Name „Treibsand“ schwirrt mir im Kopf herum. Eigentlich hätte mein Hirn hier schon Alarm schlagen müssen, denn auch diesen ominösen Club hatte ich als Ausgehtipp für Lübeck im Internet gefunden. Doch der Kommentar einer unserer Begleiterinnen, die sich uns kurzerhand angeschlossen haben, ermutigt meine Cousine nur: „Hey, das ist doch dieser alternative Schuppen, aus dem ich dich letzte Woche abgeholt habe – mit den seltsamen Leuten und der chilligen Stimmung!“ Was uns dann ein paar Gehminuten später widerfährt, hätte sich zuvor trotzdem niemand von uns träumen lassen.

Zurück in die 90er

Vor dem „Club“ stehen junge Menschen. Jung sogar im Vergleich zu meiner Cousine, die erst Mitte 20 ist. Unsicher erklimmen wir die wenigen Stufen am Eingang – und mit dem Öffnen der Tür beginnt ein Trip durch eine Art Parallelwelt. Der Raum, den wir betreten, ähnelt eher einer „Kaschemme“ als einem „Club“. In diffuses, buntes Licht getaucht, versuchen wir erst einmal, uns zu orientieren.

Die „Höhle“ wird dominiert von einem DJ-Pult auf der rechten Seite des Raumes. Links von uns befindet sich eine Theke. Alles ist mit Luftschlangen und Ballons geschmückt, den Boden ziert Konfetti und an der Decke hängt ein riesiger „Herzlichen Glückwunsch!“-Schriftzug. Mit dem Alter der uns umgebenden und zumeist tanzenden Menschen verhält es sich genauso wie schon  mit den Herrschaften vor dem „Treibsand“: Wir sind mit Abstand die ältesten Gäste.

Was geht denn hier ab?!

Doch, oh Wunder: Niemandem, aber auch wirklich niemandem scheint das bei unserem Anblick aufzufallen. Aus den Boxen dröhnt „It’s my life“ von Dr. Alban. Meine Kinnlade klappt nach unten, als der nächste Song ertönt: „Let’s have a party“ von DJ Bobo. Erst nach „We’re going to Ibiza„, das von allen Teenies im Raum ebenfalls frenetisch abgefeiert wird, erwachen wir vier aus unserer Schockstarre und uns wird klar: Wir müssen durch ein Riss im Raum-Zeit-Kontinuum direkt in die 90er Jahre gestürzt sein.

Und das Beste daran: Für alle anderen – außer für uns selbst – müssen wir tatsächlich auch noch aussehen, als seien wir ebenfalls Teenies, denn keiner beachtet uns. Wir tun das einzig Sinnvolle: Wir freuen uns drüber, genießen es, wieder (sehr) jung zu sein und feiern durch bis zum nächsten Morgen. Als wir das „Treibsand“ wieder verlassen, trällern wir, immer noch glücklich grinsend wie die Honigkuchenpferde, leise „I’m a Barbie Girl in a Barbie wooorld“ vor uns hin. Auf dem Weg durch die schnuckelige nächtliche Altsadt passieren wir eine Dönerbude. „Gott sei Dank! Hunger!“, entfährt es Jess und mir gleichzeitig.

Die Höfe und Gänge Lübecks – und das „La Cucina“

Am nächsten Mittag streifen wir mehr oder weniger fit durch die Altstadtgassen. Wer shoppen will, der sollte auf jeden Fall Straßen wie die Hüxstraße, die Fleischhauerstraße oder die Glockengießerstraße besuchen. Satt wird man hier ebenfalls. Ich hatte mich besonders auf den „Suppentopf“ in der Fleischhauerstraße – und damit quasi auf meinen Katerfrühstückslieferanten – gefreut, doch der Laden mit den Megasuppen in Bioqualität zu fairen Preisen hat nur in der Woche auf (und auch dann eher um die Mittagszeit). Stattdessen landen wir, unweit des Stadttores in der Großen Burgstraße, wo unser „Höfe und Gänge“-Stadtrundgang bald startet, im „La Cucina“. Und das wiederum erweist sich als Glücksfall, denn die gebackene Kartoffel und meine (selbst gebackenen!) Brötchen sind der Hammer. Hinzu kommt: Das kleine und mit viel Liebe zum Detail eingerichtete Lokal ist einfach nur gemütlich. Sogar Kochkurse werden hier abgehalten und das Personal ist wirklich freundlich. Daumen hoch; unbedingt selbst testen!

"Bakes Potatoe" im "La Cucina"
„Baked Potatoe“ im „La Cucina“

Der alte Mann und seine Stadt…

Um 14 Uhr machen wir uns für 8 Euro pro Nase mit unserem Stadtführer, einem Fotografen in seinen 60ern, auf den Weg durch Lübecks Höfe und Gänge (Link zu den Führungen und zur Buchung derselben). Er liebt seine Stadt, was sich nicht nur an der Begeisterung erkennen lässt, die er bei seinen Erzählungen an den Tag legt, sondern auch an der Tatsache, dass er NOCH NIE (!) in einer anderen Stadt gewohnt oder gearbeitet hat. Alles, was er wohntechnisch kennt, ist diese kleine Museumsinsel. Denn die Altstadt ist nur 2 km lang und 1 km breit (oder andersrum). Erstaunlich.

Blutiges Bier?

Ebenso erstaunlich: In Lübeck gab’s mal eine Art „blutiges Bier“. Zumindest, wenn man alten Geschichten glauben darf. Demnach seien früher von Schlachtern Abfälle in die Untertrave gekippt worden – allerdings nicht weit von der Stelle entfernt, an der man wiederum Wasser fürs Bierbrauen aus dem Fluss schöpfte. Das Bier, das dann daraus entstanden ist, soll eine sehr würzige Note gehabt haben…

Als wir unseren Ekel besiegt haben und damit fertig sind, durch die ganzen hübschen Gänge, die früher mal quasi in die Häuser hineingerissen worden sind, um mehr Platz zu schaffen, und Hinterhöfe (hier muss es im Sommer herrlich gesellig sein) zu stiefeln, habe ich keinen blassen Schimmer mehr, wo ich mich befinde. In Lübeck, klar – aber tatsächlich kann man hier schnell den Überblick verlieren. Nach einem kurzen Fotostopp am Günter Grass-Haus geht’s zurück in den Kern der Altstadt, um nen Second Hand-Laden zu plündern.

„Lübeck von oben“

Nach dem verdienten Kaffee im „La Cucina“ machen wir uns auf den Weg zum Aussichtsturm der St. Petri-Kirche, um ein weiteres „Muss“ zu erleben: Lübeck von oben betrachten. (Alternative: Mit nem Fahrstuhl geht’s für 3 Euro rauf (und später auch runter); der Ausblick ist toll. Und da das Café dort oben bereits geschlossen ist, gibt uns das die Zeit, noch den „Marzipanspeicher“ zu besuchen und die obligatorischen Leckereien für die Daheimgebliebenen einzukaufen. Ein Paradies für Naschkatzen! Und: Hier gibt’s sogar Marzipanmarmeladen. Wow. Beim nächsten Mal werde ich auch eine der Marzipanshows besuchen, die regelmäßig für 5 Euro pro Nase hier stattfinden.

Lübecks älteste Kneipe

Den Abend lassen wir im „Alten Zoll’n“ unweit unserer Wohnung gemütlich ausklingen. Irgendwie sind wir nämlich immer noch platt von unserer Zeitreise gestern. Für Liebhaber des milden Bieres sehr empfehlenswert ist hier das „Zolln Dunkel“. Das „älteste Wirtshaus in Lübeck“ von 1589 ist ein Treffpunkt für alle Generationen, die rustikales Ambiente, gutbürgerliche Küche zu kleinen Preisen und Gemütlichkeit mögen. Ein schöner Tagesabschlussort.

Ausflüge nach Gothmund und Travemünde

Am nächsten Tag müssen wir Lübeck leider schon wieder verlassen. Das Frühstück im Café Blox ist übrigens in Ordnung – schon wegen des hauseigenen „Cappuccino Brûlée“ (flambierter Rohrzucker und Karamell…*hmmm* ). Der Weg führt Caddy Kalle und uns nach Gothmund (Mini-Dorf mit hübschen Häusern am Wasser, die allesamt Reetdächer aufweisen). Es ist wirklich niedlich, allerdings würde ich einen Ausflug nur an einem schönen Tag im Sommer empfehlen, da es dort sonst schon recht trist anmuten kann. OK. Das ist untertrieben. Es herrschte tote Hose. Aber „niedliche tote Hose“. 😉

Was dagegen immer zu gehen scheint, ist ein Ausflug nach Travemünde. Wenn das mit dem Boot aufgrund unseres chronischen Zeitmangels schon nicht geklappt hat, dann wenigstens mit Kalle. Travemünde ist geschäftig, hat viele kleine Geschäfte zum Shoppen und Restaurants in jeder Preisklasse. Und der Strand ist natürlich auch nicht zu verachten. Wer das Segeln mag, sollte sich auf jeden Fall die „Passat“ angucken, sozusagen eine „Viermastbark in Rente“. Doch Achtung: Die Möwen in Travemünde können wirklich frech werden… 😉

Die Passat in Travemünde
Die Passat

Viel Spaß bei eurem Ausflug nach Lübeck und Travemünde!
Wer mehr Tipps zur Hansestadt hat: Ich freue mich auf eure Kommentare für den nächsten Ausflug in den Norden.
Übrigens: Auch die Hansestadt Lüneburg ist toll. Hier mehr Insidertipps zu einem Wochenendausflug dorthin.

LG, eure chaoskirsche!

Hier noch ein paar Bilder (draufklicken zum Vergrößern!):

 

 

 

 

7 Antworten auf „Städtereise: Ein Wochenende in Lübeck“

  1. Das hört sich an, als hättet Ihr viel Spaß gehabt, Danke für den lustigen Bericht. Eine Zeitreise ganz anderer Art bietet übrigens die Drogerie Grabner in Lübeck, ein richtiger, winzigkleiner, bis obenhin vollgestopfter Kruschtelladen. Da gibt es Sachen, die es sonst nirgendwo mehr gibt.
    Gruß Cordula

    1. Hallo Cordula!
      Ja, ich werde nun für immer an Lübeck mit einem Lächeln denken… ?
      Dir ganz lieben Dank für den Tipp – ist fürs nächste Mal schon notiert! 😉
      Lg!
      chaoskirsche
      *wink*

  2. Super Artikel und für mich die richtige Vorbereitung. Im Oktober bin ich mit 10 Frauen in Lübeck unterwegs, da bin ich über jeden Tipp dankbar!

    1. P.s.: Das Marionettenmusuem, das Hansemuseum und das Hospital stehen fürs nächste Mal noch auf meiner Liste – solltet ihr etwas davon sehen, freue ich mich über eure Tipps 😉
      Frühstücksbuffet im „La Cucina“ am Wochenende nicht vergessen – sah toll selbst gemacht aus und auf der Butter stand sogar ein fröhliches „Guten Morgen!“ 😉
      Lg

  3. Ein toller und sehr ausführlicher Bericht, der neugierig darauf macht, einmal selbst dorthin zu fahren, denn in Lübeck war ich bislang noch nie, aber vielleicht wird das schon bald nachgeholt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.