Tach auch!
Heute möchte ich euch den Caminho Português ein wenig näher vorstellen, den ich seinerzeit im Mai gemeinsam mit einer Pilgerfreundin von Porto in Portugal bis nach Santiago de Compostela in Spanien gegangen bin. Herbergstipps werden nicht fehlen und ein paar Eindrücke von Land und Leuten komplettieren den Bericht. Ein Zelt wird auf dieser Tour nicht gebraucht, da zahlreiche Albergues den Weg säumen (und das Wildzelten in Portugal und Spanien eh verboten ist ;)). Die Reise umfasste rund 260 Kilometer, die wir in 15 gemütlichen Tagen mit im Schnitt rund 17 Kilometern pro Tag erwanderten – und zwar mit dem Outdoor-Reiseführer von Raimund Joos, mit dem wir sehr gut klarkamen und den man unter anderem hier erwerben kann).
Die Etappen der Tour:
2. Mai: Porto – Matosinhos 13 Kilometer
3. Mai: Matosinhos – Vila Cha 18 Kilometer
4. Mai: Vila Cha – Rates 19.5 Kilomter
5. Mai: Rates – Barcelos 17 Kilometer
6. Mai: Barcelos – Casa Fernanda 20 Kilometer
7. Mai: Casa Fernanda – Ponte de Lima 15 Kilometer
8. Mai: Ponte de Lima – Rubiaes 18 Kilometer
9. Mai: Rubiaes – Tui (Spanien) 20 Kilometer
10. Mai: Tui – O Porrinho zirka 18 Kilometer
11. Mai: O Porrino – Cesantes (Marie) rund 18 Kilometer
12. Mai: Cesantes – Pontevedra 16 Kilometer
13. Mai: Pontevedra – Briallos 16 Kilometer
14. Mai: Briallos – Padrón 23,5 Kilometer
15. Mai: Padrón – Faramello zirka 11 Kilometer
16. Mai: Faramello – Santiago zirka 14 Kilometer
Vor den Infos zu den einzelnen Etappen steht…
…die Anreise:
Ganz locker geht’s von Münster aus mit dem Flugzeug nach Frankfurt (bester Links zum Planen einer Anreise, egal wohin: „Rome2Rio – Wie komme ich wohin?“) und von dort aus weiter nach Porto. Praktisch, denn hier beginnt unser Caminho Português. Wir haben zwei Betten im sehr gemütlichen und jugendlichen Gallery Hostel in der Rua Miguel de Bombarda gebucht. Pro Nacht inklusive (gutem) Frühstück kostet das 22 Euro pro Person. Hinkommen ist leicht: In die Metro steigen (vorher Ticket am Automaten ziehen), bis Trindade fahren und noch 900 Meter bis zum Hostel juckeln. Die etwas längere Metrofahrt wird vergessen gemacht durch die Tatsache, dass das Hostel recht zentral liegt, das Personal sehr hilfsbereit ist und die Räume echt schnuckelig sind. Tolle Duschen, sauber, Mix aus Kunstausstellung und Hotel, gute Küche, die man auch selbst nutzen kann, Abendessen-Angebot (optional), Wintergarten mit Raucherecke, Sonnenterrasse, Bar mit Portwein, DVD- und Musikzimmer, Handtuch und Steckdose an jedem Bett und kostenlose geführte Spaziergänge sowie rund um die Uhr reinkommen zu können – das alles macht den Reiz des Hauses aus.
Organisatorisches: Wo bekomme ich Pilgerpass und Prepaidkarte?
Wer noch keinen Pilgerpass hat, der dazu berechtigt, in den günstigen Herbergen am Weg zu übernachten (5 bis 12 Euro), macht sich auf den Weg Richtung Kathedrale von Porto. Porto ist übrigens eine wunderschöne Stadt. Wir suchen noch günstiges Internet für unsere Handys, da nicht alle Herbergen W-LAN haben und ich zwischendurch bloggen möchte. Fündig werden wir im MEO-Shop im Shopping-Center in der Via Santa Catarina (auch am 1. Mai geöffnet – und der war auch in Porto ein Feiertag ;)). Man kauft eine „Cartao Meo Start“ (Starter-Sim-Karte) für 10 Euro mit 10 Euro Guthaben (wie praktisch ;)). Das Angebot scheint dauerhaft zu sein: Link zur Starter-Karte MEO (ab 2017 wegen des Wegfalls der Romaing-Gebühren voraussichtlich unnötig!). Nachdem wir diese Karte im Laden bekommen haben, fragen wir nach den „Pré-Pagos“-Tarifen. Das Angebot heute umfasst leider nicht mehr die damaligen 10 Gratis-GB für den ersten Monat – dafür gibt es aber den Tarif „Superflex“. Dank des 10 Euro-Guthabens legt ihr noch einmal 2,99 Euro drauf und habt dann für einen Monat immerhin 2 GB gratis. Zum Surfen reicht’s, Bilder bloggen dürfte über kurz oder lang schwer werden. Das geht aber – wie wir später feststellen – dann meistens doch abends in den Herbergen am Jakobsweg.
Es geht los: Ab auf die Küstenvariante des Caminho Português!
Am ersten Tag geht’s zum Einlaufen am Fluss Douro und bald schon am Meer entlang mit viel Regen und Wind nur 13,5 Kilometer bis nach Matosinhos. Andere Pilger haben wir bisher nicht gesehen und auch nur zwei Mal „Bom Caminho“ („Guten Weg!“) gewünscht bekommen. Mit richtig nassem Hintern (irgendwann hilft auch der Poncho nicht mehr ;)) passieren wir eine stattliche Brücke und laufen weiter bis zur Touri-Info, in der man uns den Weg zur Pension „Residencial Luso-Brasileira“ weist (Rua Dr. Augusto Cardia Pires, 57 Leça da Palmeira, Telefon: (+351) 229.953.860). Hier mieten wir uns für 15 Euro pro Nase in einem Doppelzimmer mit Bad (Dusche ;)) ein, das unseren Ansprüchen absolut genügt und in dem sofort eine Wäscheleine gespannt wird. Der Weg war heute flach, gespickt mit viel Wasser (im Meer und von oben). Wer Wasser mag, der wird ihn lieben.
Am zweiten Tag ist das Wetter nicht gnädiger, als wir uns auf die 18 Kilometer nach Vila Cha machen (eigentlich sind es 15, aber wir verlaufen uns fein im Sprühregen). Die im Outdoor-Reiseführer erwähnte Sportclubpinte, in der wir durchnässt nach den ersten fünf Kilometern am Wasser entlang rasten, ist ein echtes Erlebnis. Es ist sehr lebendig, alte Männer verplaudern den Sonntag und Frauen gibt es – abgesehen von uns – nur hinter der Theke. Die nette Kellnerin reserviert uns im Café Sandra (auch Café Tony genannt) in Vila Cha ein Zimmer. Über einen langen Bretterweg geht es weiter immer am rauschenden Meer entlang – bis wir irgendwann doch mit vom Nieselregen durchweichten Hirnen davon weglatschen und so drei zusätzliche Kilometer durch die Pampas im Regen hinter uns bringen, bis wir – jetzt klatschnass – bei Sandra auftauchen. Es ist ein gemütliches kleines Café mit Pension. Wir bekommen ein Zimmer am Balkon; wieder wird die Wäscheleine aufgehängt und die wohltuende Dusche lässt den Regen vergessen. Im Café gibt es abends zum Bombenpreis von 8 Euro nen halben Salat, Pommes, Toast mit Käse und Schinken, zwei Getränke und ein halbes Omelett. Nicht schlecht. Das Zimmer kostet auch hier nur 15 Euro pro Nase (Café Sandra: Rua do Facho, 34, Vila Cha, (+351) 229 283 634). Herrlich ländlich ist es hier, das Meer hört man rauschen und die Einheimischen in der Bar plaudern miteinander. Ein toller Tag mit einer tollen Unterkunft.
Am dritten Tag geht es dann endlich ins Landesinnere, was mir gut gefällt, von Vila Cha nach Rates auf 19.5 Kilometern. Hier erwartet uns am Ende des Tages die erste offizielle Camino-Herberge (wobei ich vorwegnehmen muss, dass es wieder nur regnet, ich schlecht gelaunt war beim Laufen, im Garten der Herberge immerzu der Wetterhahn quietscht, es kalt und dunkel dort ist (Albergue Rates, Rua Sto. António n.º 18) und außerdem eng. Ich mag sie deshalb nicht. Aber die alte Nonne, die sie betreut, ist wirklich nett.) Hier ein Link zu einer ausführlichen Zusammenstellung. Richtige Brötchen gibt es übrigens zuvor im netten Café Sandra an diesem dritten Morgen. Eine Wohltat. Gut gelaunt machen wir uns auf – in den Regen. Klar 😉 Da es eben dauernd regnet, ist es für mich im Moment schwierig, dem Weg Schönes abzugewinnen. Aber in Rates bin ich froh, endlich die Blasen versorgen und duschen zu können. Mit dem Abendessen zusammen mit den allerersten getroffenen Mitpilgern im kleinen netten Café des Ortes müssen wir uns leider beeilen, da die Herberge um 22 Uhr schließt und wir spät angekommen sind. Geschafft falle ich danach ins Bett und hoffe, dass der nächste Tag endlich Sonnenschein mit sich bringt…
Und tatsächlich: Der Regen verzieht sich über Nacht. Gott sei’s gedankt!
Nach einigen nächtlichen Gesprächen in diversen Sprachen und einem langen Frühstück in der örtlichen Bäckerei geht es am vierten Tag nach Barcelos (17 Kilometer). Es ist trocken, aber wir müssen statt mit einer alten Römerstraße, die es hier immer wieder gibt, mit Matschwegen kämpfen. Wenigstens kann der Poncho zurück in den Rucksack gestopft werden. Immer grüner wird es und die ersten Sonnenstrahlen werden euphorisch begrüßt. Nach 7 Kilometern stoppen wir in Pedra Furada, um den hochgelobten „Pilgerfreund“ Antonio und seine Bar kennenzulernen, in der wir das Mittagessen testen wollen. Wir sitzen auf der Terrasse, es ist Mittag, aber niemand zeigt sich. Das Restaurant, vor dem wir sitzen, gehört Antonio zwar auch, macht aber erst abends auf – das Café,das jetzt schon geöffnet ist, befindet sich einige Meter weiter um die Ecke und wir waren zu blöd, es zu sehen. Gott sei Dank scheint die Sonne, also weiter zum Café! Was sich als Glücksgriff erweist, denn Antonio ist nett, erzählt uns vom portugiesischen „Fado“ (wehmütige Musik ;)) und kocht super. Es gibt die allgegenwärtige Suppe mit Spinat, Bohnen und Kartoffeln, Fischfrikadellen und panierte Kabeljaustückchen, Reis und einen Kaffee – und das für magere 6 Euro. Glück muss man haben!
Auch ein Blick ins vielgenutzte Gästebuch voller Pilgereinträge ist spannend, sodass wir schon fast nicht mehr weiterlaufen wollen. Aber unser Ziel war ja Barcelos – also los! Dort angekommen, suchen wir die private Herberge. (Telefon: (+351) 966146830, Rua Miguel Bombarda 36 (rauf in die Stadt), 14 Plätze, Homepage Albergue Barcelos). Hier ist es kalt, denn die Steckdosen in unserem Zimmer funktionieren nicht. Wir sind nur zu dritt, Natalie aus London hat auch hergefunden. Platz haben wir also und die Duschen sind ok. Hoffen wir nur, dass niemand an Geruchsvergiftung nachts aufgrund unser Ausdünstungen und der Enge in den Zimmern stirbt 😉
Ein schöner Innenhof lädt dafür zum langen Laberabend mit Brutzeln auf dem alten Campingkocher in der Küche ein. Es ist abenteuerlich wackelig, aber die Spaghetti mit improvisiertem Hack (was heißt eigentlich Hackfleisch auf Portugiesisch?), Tomaten und Zwiebeln schmecken super.
Am fünften Lauftag führt uns der Weg über 20 Kilometer nach Vitorino dos Piaes (Casa Fernanda). Der Weg über Portela de Tamel gefällt mir richtig gut und es ist wunderschön warm. Immer wieder kommen wir an idyllischen Örtchen wie etwa der mittelalterlichen Brücke Ponte das Tábuas vorbei. Heute lassen wir uns treiben, treffen einige Pilger immer wieder bei jeder Rast und freuen uns über riesige Portionen (tolles Omelett!) zur Mittagszeit in Portela de Tamel, im Restaurant direkt gegenüber der Herberge. Unbedingt Halt machen! 😉 Lange gewundene Sträßchen durch die Felder bringen uns schließlich an unseren Zielort, der wahrscheinlich nur wegen des Privathauses von Fernanda und und ihrem Mann Jocinto berühmt ist. Sie nehmen Pilger auf. Der Garten ist der Himmel, am Eingang gibt es Kabeljausnacks, der Garten und die Laube sind verwinkelt mit jeder Menge Ruhemöglichkeiten, die Hütten mit Schlafplätzen für Pilger inklusive der beiden Bäder sehr gepflegt. Abends nehmen am Esstisch im Haus Pilger aus 12 Nationen Platz, Fernanda kocht lecker, alle singen (Oh Grusel, wenn man dieses Programm jeden Abend durchziehen muss) und genießen roten sowie weißen (!) Portwein.
15 Kilometer sind es am nächsten Tag vom Casa Fernanda nach Ponte de Lima, eine Stadt, die bei mir mächtig für Verwirrung sorgt. Sehr flach ist die Gegend heute und irgendwie verliebe ich mich immer mehr in Portugals saftiges Grün. Der Weg führt übrigens ab und an immer mal wieder über Asphalt- und Römerstraßen – eher ungut für die Füße. Heute gehts aber auch mal durch Weinlauben hindurch und später am Fluss
Lima entlang. Wir lernen Günni kennen, der mir meine Fototasche hinterherträgt, die ich nicht mal als „verloren“ eingeordnet hatte (Jakobsweg halt ;)), und schlendern nach einer längeren Pause auf einer Bank über eine Allee in die wirklich malerische Stadt hinein. Die Herberge ist noch nicht geöffnet, sodass wir uns quasi direkt gegenüber der Brücke beim (sehr guten!) Italiener mit Blick auf den Rio Lima die Bäuche vollhauen (Bananenpizza! Und die war sogar wirklich lecker). Die Herberge, die wir rechterhand direkt nach der Brücke finden, ist sauber, simpel und ok.
Abends nieselt es noch ein wenig. Aber nachts ist das ja wurscht 😉 Am nächsten Morgen gehts, gestärkt durch das Frühstück im Café direkt neben der Herberge, weiter nach Rubiaes (18 Kilometer). Hier nächtigen wir bei Marlene, in einer der gemütlichsten Herbergen bisher. Sie liegt fast schon am Ortsausgang (das einzige Restaurant in der Nähe ist ebenfalls spitze! Das Pilgermenü begeisterte) – und die liebevolle Aufmachung mit alten Steinwänden, toller Gemeinschaftsküche und netten Herbergsinhabern hat mich sehr überrascht. „Albergue Ninho“ heißt sie, was so viel wie „Nest“ bedeutet – zu finden auch bei Facebook. So wohl wie in einem „Nest“ fühle ich mich hier auch. ((+351) 251 941 002 Albergue Ninho – Estrada de S. Pedro, 695 – 17 Plätze). Zuvor gab es heute übrigens noch den einzig wirklich nennenswerten Aufstieg des Weges zum „Cruz dos Franceses“ und noch höher zum „Portela Grande“ (405 Meter). Radfahrer mit quäkenden Lautsprechern am Lenkrad überholen uns zunächst. Daraus ertönt „Video killed the radio star…“ Surreal. Auf der anderen Seite des Berges gibt’s ne tolle Rast mit vielen Bekannten – was wäre der Weg ohne das Rasten und Schnacken…? 😉 In Rubiaes gibt’s dann endlich ne Dusche (bei Marlene melden, wenn die kalt sein sollte – dann ists nur der Boiler und das wird schnell behoben!). Es gibt übrigens ein Doppelzimmer in der Herberge. Luxus 😉
Der achte Lauftag wird ein besonderer Tag: Von Rubiaes aus pilgern wir nach Tui, das dann in Spanien liegt (20 Kilometer). Wir überschreiten somit die Landesgrenze. Heiß ist es und zunächst gar nicht so flach, wie der Pilgerführer uns vorgaukeln will. Nach 10 Kilometern erreichen wir die Herberge von Geof, einem kanadischen Pilgerfreund. Hier
werde ich beim nächsten Mal bleiben! (Nur, falls ihr drüber nachdenkt: Es ist wirklich toll da.). Der nächste große Ort, Valenca, liegt dann noch auf portugiesischer Seite (das Essen und die Menschen vermisse ich jetzt schon). Trubel herrscht hier, irgendein Markt ist aufgebaut und ich bin etwas überfordert von den Menschenmassen. Schnell über die (Horror-)Brücke nach Spanien. Auch dort ist Mittelaltermarkt oder etwas Ähnliches, aber alles geht ein wenig ruhiger zu. Das Örtchen ist niedlich, unsere Herberge ok, allerdings am Ende der Stadt Tui (private Herberge San Clemente – Schwimmbecken war beworben, gab es aber nicht!). Irgendwie vermisse ich Portugal schon jetzt, obwohl ich die ganze Zeit an Spanien gedacht habe. Aber Tui kann da nichts für 😉
„O Porrino“ lautet am neunten Lauftag unser Ziel, das wir nach 18 Kilometern erreichen wollen. Zirka acht Kilometer nach unserer Herberge in Tui haben wir die Wahl: Laufen wir durch das Gewerbegebiet, was uns einen Kilometer erspart, oder nehmen wir einen Alternativweg durch die Natur, wie er im Outdoor-Führer beschrieben ist? Wir entscheiden uns für Letzteres und haben das genau richtig gemacht. Jeder, den ich getroffen habe und der durch das Gewerbegebiet ging, hat es verflucht. Wir dagegen haben eine tolle Strecke gesehen. „Unser“ Weg war wirklich hübsch mit vielen Flüssen, Wald und Brücken. Letztlich führte er uns am Rio Louro entlang direkt zur Pilgerherberge (ich nenne sie: „Der Glaskasten“) von O Porrino. Nichts Besonderes, aber auch kein schlechter Zustand. Allerdings ist der Weg am Fluss entlang dorthin sehr nett. Im Wäscheraum trocknet aber nichts. In der näheren Umgebung befindet sich eine Autobahn, die auch zu hören ist. Ein paar Hundert Meter weiter im Café mit Wifi essen wir viel zu viel und ich beiße herzhaft in einen kostenlosen kleinen Pizzasnack. Leider ist der mit Thunfisch gefüllt – und ich hasse Thunfisch. Mit diesem eher schlecht anmutenden Gefühl im Bauch geht es zurück in die Herberge, aus der wir am nächsten Morgen um 8 Uhr schon verschwunden sein müssen.
Die 18 Kilometer lange Strecke nach Cesantes, wo wir auch wieder auf Günni und Agnes (morgens Zombie, abends Flummie) treffen sollen, beinhaltet am zehnten Lauftag viel Asphalt und einen heftigen Anstieg und sowie einen noch heftigeren Abstieg. Man muss sich schon sehr konzentrieren. Aber schöne Ausblicke gibt’s. Unten in Redondela angekommen, gehen wir ins nächste Café – wir sitzen draußen beim El Pichito. Die nette und recht übereifrige Kellnerin Firenze (?) bombardiert uns mit Fragen, ich gewinne ein Eis, sie will uns unbedingt einen Schnaps andrehen und wir sitzen knappe zwei Stunden rum. Als sie uns auch noch anbietet, uns die letzten 3 Kilometer mit dem Auto nach Cesantes zu bringen, weil sie dort wohnt und nun Feierabend hat, brechen wir dann doch schnell auf. Und treffen bald darauf bei Marie ein – in ihrer sehr erholsamen Herberge. (601 – 16 59 77 Albergue O Refuxio De la Jerezana – Estrada do Pereiro nº 43-45 – 24 Plätze, immer den Schildern folgen). Die riesigen und hohen Betten stehen in Nischen, sodass man sogar etwas Privatsphäre hat. Abendessen holt Marie aus einer Bar. Die Übernachtung kostet 12 Euro, das Essen mit Getränken und Obst 9 Euro. Als ersten Gang gibt es Teigtasche, gefüllt mit Tintenfisch (wenn man sich vorstellt, es seien Pilze, geht es) und für mich als zweiten Gang Hähnchenfilets und Salat. Lecker. Marie setzt sich zu uns und der schöne Abend endet erst gegen 0 Uhr, obwohl die Herberge um 22 Uhr schließt. Am nächsten Morgen gibt’s die typischen Tostadas und ein Abschiedsbild.
Es folgt nach diesem erholsamen Erlebnis der Weg von Cesantes nach Pontevedra (16 Kilometer) am nunmehr elften Lauftag. Vor allem Arcade und Ponte Sampaio kommen hübsch heute daher. Hier fehlen leider Herbergen im Ortskern. ;)Auf irgendeinem Berg, von denen es auch heute einige gibt, eröffnet uns eine laute Wienerin in den 70ern, dass sie in einem Chor singt und für das nächste Konzert noch üben müsse. Es ist wie in einem Film: Plötzlich stehen mitten in Spanien zwei heitere Wiener vor uns (der Ehemann macht natürlich auch mit) und trällern Alpenlieder. Putzig.
Kurz hinter einem besonders blöden Berg stehen dann wie in einem Traum plötzliche tolle Worte am Wegrand: Erfrischung, Pause, Häppchen und so weiter. Manuel, ein älterer Deutscher, hat eine Spanierin geheiratet und vor seinem Haus eine kleine Raststätte mit runden Tischen, Stühlen und Holzstümpfen aufgestellt. Musik dudelt, es gibt einen Korb mit Obst und Perlenbacher-Bier sowie Schnaps. Ein ständiges Kommen und Gehen, aber jeder verweilt, trotz nicht gerade günstiger Preise, gern. Ein spannender, lebendiger Ort.
Die letzten Kilometer sind heiß und hart. Mal wieder geht es an Straßen entlang und über Asphalt in die Stadt Pontevedra hinein. Fußfreundlich geht anders. Wir steigen im ultrakitschigen Casa Alicia (Avenida Santa María, 5 – 1. Etage, 34 986 857 079) ab – Doppelzimmer für 30 Euro. Und der Oma-Stil in extrem kitschig erschlägt uns fast. Eine Winkekatze in Flur, 1.000 Bildchen und Blümchen, es riecht seltsam nach Duftkerzen oder so. Im Zimmer findet sich Stuck an der mega-hohen Wand und an der Tür hängt ein Teppich (?!!). Das ganze Etablissement ist schräg und ich vermute stark, dass es früher auch mal ein Puff gewesen sein könnte. Irgendwie hat das Ganze was. Abends essen wir in einer kleinen Bar am Praza de la Lena leckere Tapas wie Tortilla, Pimientos de Padron, Eintopf und Kroketten.
Am zwölften Tag auf dem Weg geht es von Pontevedra nach Briallos (zirka 16 km). Es ist bedeckt, der Weg ist wieder schön und nicht zu steil, mit vielen Wäldern, Gewässern und natürlich auch Asphalt :)), aber es sind 10 km zur ersten Bar. Allerdings nur 5 km bis zu einem Snackautomaten mit „Coffee to go“ ;). Kurz vor der Herberge in Briallos (986.530.007 – 986 – 53 61 94 Albergue de peregrinos de Briallos (Portas) – San Roque – 27 Plätze) hat eine ältere, liebenswürdige Spanierin eine Garage zum Kiosk ausgebaut, dessen Sortiment erstaunlich geordnet ist.
Wir kaufen etwas zum Kochen und 2 Dosen Bier. Muss auch mal sein. 😉
Wir essen außerdem noch direkt vor Ort eine Kleinigkeit (die Dame ist aber auch nett ;)) und kochen dann in der coolen Küche der etwas lieblosen Herberge. Im Garten stehen aber wenigstens ne Schaukel und ne Rutsche, die Sanitäranlagen sind ok, wir werden vollkommen allein gelassen bis um 9, als lediglich jemand kommt, um die 6 Euro für das Bett abzuholen und den Stempel ins Heft zu drücken. Es ist ein bisschen wie im Bienennest – so laut und wirr – aber schlafen kann ich gut.
Der 13. Lauftag bringt uns dann über 23,5 km (komischer Ausreißer nach oben, aber das Laufen fluppt heute ;)) von Briallos nach Padrón, wo die berühmten Pimientos herkommen. In Pontecesures sind die ersten 21 km gut geschafft (klar, vorher gabs auch Stops in Bars ;)) – aber das Mittelalterlokal und die Albergue sind uns ein wenig zu seltsam (Lokal) und zu steril (Albergue, wie eine Sporthalle und niemand ist zu sehen), weshalb wir nach Padrón weiterlaufen. Hier überqueren wir die Brücke des Ortes und erreichen die Herberge (673 – 65 61 73 Albergue de peregrinos de Padrón – C/ Costanilla del Carmen, s/n – 46 Plätze). Padrón hat eine schöne Kirche, in der die Messe auch recht ansprechend ist (obwohl ich leider mit Lachkrämpfen zu kämpfen habe. Man riecht die Socken durch die Schuhe der Pilger in unserer Reihe). Nachts liegt der größte Schnarcher direkt neben uns. Aber wenigstens lässt es sich irgendwann schlafen. Ich mag die Herberge.
Oben: Die Brücke über den Fluss führt zur Herberge (kurz vor der „Haustür“ gibt’s auch noch eine kleine Bar…). Die Albergue liegt in einem ehemaligen Kloster. Ein kleiner Garten gehört auch dazu, in dem man seine Wäsche aufhängen kann.
Nach dem Frühstück in der Bar geht es dann am 14. Lauftag von Padrón nach Faramelo (11 Kilometer nur, denn wir müssen waschen ;)). Der Lauf ist einfach. Wir müssen sogar in einem Café bummeln, weil wir noch so viel Zeit haben und die Herberge noch gar nicht geöffnet ist. Gegen halb 1 sind wir dann aber da und kriegen auch Betten. (981.194.244 Albergue La Calabaza del Peregrino – Lg Faramello, 5.) Die Albergue bietet Plätze für 40 Personen mit vielen Dingen, die einen guten Aufenthalt gewährleisten sollen: Frühstück – verschiedene Speisen – Heizung – Wifi frei – Internet – Terrasse. Nett ist es hier – und nur noch 14 km bis Santiago. Zum Abendbrot gibt es erneut Pimientos de Padrón und Pommes mit Hähnchenfilet und Salat. Im angeschlossenen kleinen Restaurant.
Wir verbummeln den Tag.
Der letzte und damit für uns 15. Lauftag bricht früh an. Schon um halb 7 geht es auf die Piste – und auf die letzten 14 Kilometer bis nach Santiago, die wir relativ schnell durchziehen. Leider finden wir nirgendwo ein Café (zu früh), aber als wir in Santiago sind, gibt es dann ein Siegerfrühstück. Und die Messe mit einem geschwungenen Botafumeiro (ja, das ist das große Weihrauchfass).
Fazit: Der Caminho Português ist eine recht einfache Variante des Jakobsweges mit einem höchsten Punkt von nur 405 Metern. Und vor allem Portugal bietet meiner Ansicht nach viel Schönes: Abwechslungsreiche Landschaft (es gibt hier auch mehrere Varianten des Weges, von der einer sogar die Fahrt mit einem Schiff beinhaltet (Espiritual)), tolle gastfreundliche Menschen, gutes Essen. Aber auch viele Römerstraßen, hin und wieder Asphalt und für mich fehlt ein wenig das typische Pilgergefühl wie auf dem Francés. Was aber wahrscheinlich auf die geringe Länge des Português ab Porto zurückzuführen ist – sowie auf die Tatsache, dass es vielen Mitmenschen hier nicht unbedingt ums Pilgern geht, sondern ums „Ausprobieren“:
Schaff‘ ich eine längere Wanderung oder ist das gar nichts für mich?
Dennoch: Für eine kurze Tour von 2 bis 3 Wochen (von Santiago aus ist auch der Weg nach Finisterra zum Ende der Welt sehr zu empfehlen!) ist der CP wunderschön – ausprobieren und drauf einlassen!
Wer mehr Zeit hat, sollte über den Startpunkt „Lissabon“ nachdenken…
Bis zur nächsten Tour! Bon Caminho! 😉
chaoskirsche
Eine Antwort auf „Fernwanderung: 260 km auf dem Caminho Português“