Tach zusammen!
Zweimal schon seid ihr mit mir auf dem mallorquinischen GR221 von Esporles über Valldemossa, Deià und Sóller bis zum Cúber-Stausee gewandert (Teil 1 hier: Esporles – Valldemossa – Deià) und (Teil 2 hier: Deià – Port de Sóller – Cúber-Stausee).
Heute geht’s auf dem GR221 weiter zum Zwischenstopp am Refugi Tossals Verds und über die einzigartige „Königsetappe“ bis zum Kloster Lluc. Mögt ihr mitkommen? Rucksack aufsetzen und los geht’s!
5. Etappe: Cúber-Stausee – Refugi Tossals Verds
Meine Emma – war das ne Nacht! Ich lag schief. Beziehungsweise: Ich habe das Zelt auf einem abschüssigen Untergrund aufgebaut. Gestern Abend habe ich mir eingeredet, das sei weder schlimm noch störend. Jetzt weiß ich: Das war Quatsch. Ich bin die ganze Nacht hin- und hergerutscht. Runter von der Matte, wieder rauf, wieder runter… prima nächtlicher Zeitvertreib. Aber wenigstens war mir nicht kalt. Und die Schafe haben auch nicht mehr geblökt.
Was für ein ruhiger Morgen…
Ich schaue mich um – eine einzigartige Bergwelt umgibt mich. Vor mir liegt der kleine Bruder des Cúber-Stausees. Friedlich ist es hier. „Moin! Auch schon wach?“. Judith ist schon auf den Beinen. „Jupp – sollen wir abbauen?“ Gesagt, getan. Und dann wird’s richtig ekelig: Aufgrund des Sonnenscheins, der sich zeigte, als wir gestern Abend das Zelt aufbauten, konnten wir endlich trockene Klamotten anziehen zum Pennen. Das bedeutet aber nun im Umkehrschluss: Ich muss in die über Nacht NICHT getrockneten Klamotten rein, damit ich nachher in der Herberge wieder trockene Sachen anziehen kann – denn ich hab‘ ja nur zwei Sets dabei. Ganz grausam sind, das könnt ihr mir glauben, ohne es nachzumachen, nasse Socken, mit denen man morgens in ebenso nasse und kalte Schuhe steigen muss. Brrr…. aber es hilft ja nichts. Da muss ich durch.
Beim Zeltabbau wird mir langsam warm. Es ist noch früher Morgen – und schon jetzt so viel schöner als gestern. Vor uns liegen heute nur rund 4 oder 5 km – doch der Aufstieg ist auch wieder nicht ohne. Geröll, Steine – all‘ das steht, mal ehrlich gesagt, nicht wirklich im Wanderführer. Mit diesen Dingern werde ich mich hier nicht mehr anfreunden.
Aber das Laufen bringt die Wärme zurück in die Füße, die durch die nassen Socken schon wieder bibberten. Als wir den Berg bezwungen haben, essen wir ein paar Snacks in der Sonne. Die Pause wird aufgelockert durch kalte Windzüge, aber die Aussicht auf eine frühe Ankunft in der hübsch renovierten Herberge mit heißen Duschen lässt uns den Wind tatsächlich vergessen.
Wir lassen den Coll des Coloms hinter uns und tapern in Serpentinen hinab zum Refugi. Yes! So früh bin ich noch nie irgendwo angekommen! Ich kann heiß duschen! Ich kann ne Cola trinken, die Klamotten trocknen und den ganzen Tag in der Sonne rumbummeln! Vorfreude.
Fröhlich betreten wir die Herberge – und der Mann an der Rezeption eröffnet uns, dass wir unser Bett noch nicht erobern dürfen. Es ist erst mittags und es wird noch saubergemacht. Na ja, nicht schlimm. Dann eben jetzt schon in der Sonne sitzen, Ponchos und Klamotten trocknen.
Ein lustiger Nachmittag mit spannenden Leuten
Nach und nach trudeln weitere Wanderer ein und bald sind wir ein seltsames Trüppchen, das da vor der Herberge rumscherzt und die Seele baumeln lässt: Ein schreibender Wanderer mit Franzosenmütze, der sich erst kurz vor der Tour mit Equipment eingedeckt hat und nun jede Menge Fleisch und sonstige Lebensmittel durch die Gegend schleppt, ein Friseur ohne Haare, der die Dinge gern sehr humorvoll auf den Punkt bringt, ein „Vorarlberger“ mit Kochutensilien, die er sich beim österreichischen Bundesheer, sagen wir mal, „geliehen“ hat – bunter könnte die Zusammenstellung nicht sein.
Die Herren der Schöpfung wollen „Feuer machen“ und bezahlen Geld dafür, dass sie sich in der Gegend Holz zusammensuchen dürfen, um den Grill zu nutzen. „Der Vorarlberger“ begnügt sich mit Tütennahrung.
Judith und ich haben uns fürs Abendessen in der Herberge angemeldet – und das rückt näher. Und damit ist’s jetzt endlich, juchu!!, Zeit für die heiß ersehnte Dusche. Voller Vorfreude stehe ich drunter, drehe voll auf… und schreie zwei Sekunden später fast das ganze Haus zusammen. So eine verfluchte Sch…! WAS IST DAS? Bergquellwasser?! Es ist jedenfalls saukalt.
Judith, die am Waschbecken beschäftigt war, fragt den Herbergsvater um Rat. Hoffnung keimt in mir auf. Vielleicht muss ja nur der Boiler angeworfen werden? Was weiß denn ich? Doch Judith kommt mit relativ uncoolen Nachrichten zurück ins Bad: Nein – das Wasser wird heute nicht heiß. Und morgen auch nicht. Prima.
Ich gebe auf, trockne mich ab und ziehe mich wieder an. Das Duschgel muss bis morgen Abend auf Benutzung warten. Auch egal. Die anderen riechen auch nicht besser als ich.
Endlich wieder warmes Essen!
Das Abendessen ist wirklich schön. Der Speisesaal ist gut gefüllt, es gibt Brot, Pasta, Salat und mehr. Überall lachende Wanderer, die die Leckereien nur so in sich hineinschaufeln. Manch einer testet auch den Wein des Hauses sehr ausgiebig (ja, manchmal sind auch Schnapsdrosseln auf solchen Wegen zu finden), was ich mir verkneife. Mit Kater möchte ich morgen die Königsetappe nach Lluc auf keinen Fall angehen müssen.
Die Nacht wird ruhig und erholsam.
Kein Wunder: Mein Bett steht ja auch auf ebenem Untergrund. 😉
5. Tagespensum: rund 5 Kilometer
6. Etappe: Refugi Tossals Verds – Lluc (Refugi Son Amer)
Als ich am nächsten Morgen erwache, freue ich mich über diesen grandiosen Ausblick:
Nach einem kleinen Frühstück und dem Kauf eines Lunchpaketes beim Herbergsvater kommt mir wieder in den Sinn, was ich hatte verdrängen wollen: Wir müssen den Berg wieder rauf, den wir gestern erst runtergeklettert waren. Naja, Jammern bringt uns ja nicht weiter. Also erst mal vorsichtig am im Weg stehenden Esel und seiner Meute vorbei. So, das wäre geschafft.
Oben ist es dann genauso kalt wie gestern in der Mittagspause, also geht’s schnell wieder hinab zum schrägen Zeltplatz, um dann nach rechts in einen kleinen Märchenwald mit Wasserstelle einzubiegen, wo ausgiebig gefrühstückt wird. Immer wieder kommen Ausflügler angelaufen oder mit dem Rad angefahren. Wir bummeln im Sonnenschein.
Was nun folgt, ist der schweißtreibende Aufstieg zum Coll de Prat. Die Steigung ist zwar heftig, aber erst einmal wird mir vorgegaukelt, der Weg meine es gut mit mir: Er führt durch einen schattigen Steineichenwald. Je höher wir kommen, desto flacher wird plötzlich die Vegetation, bis uns nur noch sich im Wind wiegende Gräser und Berge umgeben. Wunderschön anzusehen. Aber auch das verhasste Geröll ist wieder da, was das Laufen erschwert.
Als Erste oben?!
Seltsamerweise bin ich diesmal als Erste oben auf der Passhöhe. Von hier aus hat man auf der einen Seite einen fantastischen Blick aufs Meer mit den Buchten von Alcudia und Pollenca – und auf der anderen Seite kann man einen großen des Teils Weges durch die Serra, den man bereits gegangen ist, mit den Augen zurückverfolgen. Unglaublich schön ist das hier. Ich hab‘ Berge nie gemocht, doch jetzt kann ich nicht umhin, sie zu bewundern.
Als Judith ebenfalls oben ankommt, frönt sie ihrer Leidenschaft: Fotos mit Selbstauslöser schießen. Dabei fällt sie auf die Nase, weil sie ins Straucheln gerät, als sie die Kamera auf dem Boden platzieren will. Obwohl ich ziemlich fertig vom Aufstieg bin, muss ich mich halb totlachen. Sonnenstich? Mag sein 😉
Immer wieder trudeln Tagestouristen ein, die wohl am Kloster Lluc gestartet sein müssen. Und da es bis dorthin noch ein weiter Weg ist, machen wir uns an den verhassten Abstieg (tatsächlich zehren Abstiege an meinen Nerven und Knien immer mehr als Aufstiege).
Ein Abstieg, der sich gewaschen hat
Über den Abstieg kann ich nur so viel sagen: Er ist hart. Und lang. Und – klar – wieder voller Geröll. Aber auch immer wieder gespickt mit fantastischen Aussichten. Als wir endlich wieder aus der Sonne rauskommen und in einen Wald eintauchen, kann ich nicht mehr. Ich brauche ne Pause. Und ne Cola. Dieser Wind da oben – heftig. Die Schönheit des GR221? Ebenfalls heftig. Aber im Moment weiß ich das nicht mehr wirklich zu schätzen, denn mein Wasser geht zur Neige und Hunger hab ich auch. Meine Beine wollen auch nicht mehr – und da erscheint plötzlich wie aus dem Nichts das rettende Kloster Lluc vor unserer Nase.
Wer will auf dem GR221 schon ins Kloster? Ab ins Restaurant!
Stundenlang haben wir uns ihm, den Serpentinen hinab folgend, genähert – und nun sind wir endlich da! Na ja gut, um ehrlich zu bleiben: Ich habe mich eher in das Restaurant vor uns verknallt als in das Kloster. Bevor mein Hirn auch nur darüber nachdenken kann, ob wir zu heruntergekommen für diese Location aussehen oder nicht, hat mein Hintern sich schon an einen Tisch gepflanzt. Die Cola ist ein Genuss, die profanen Nudeln sind ein Gedicht.
Viel fehlt nicht mehr zur absoluten Glückseligkeit.
Doch auch die schönste Mahlzeit hat einmal ein Ende. Und unsere Herberge Son Amer liegt noch ein Stückchen entfernt. Zunächst ist der Weg eben (bis auf die duseligen Steigleitern, die man nutzen muss, um Gatter zu überklettern). Doch dann erkennen wir: Die Herberge liegt auf einer Anhöhe, umgeben von Steineichen. Idyllisch ist’s – wenn man erst einmal oben ist. Bekannte Gesichter sind zu sehen: Den schreibenden Wanderer mit Baskenmütze und die Schnapsdrossel registriere ich direkt. Er ist mit seinem Laptop beschäftig, also im Moment eher weniger kommunikativ. Das ist bei der fröhlichen Dame, dem „Wein-Fan“, anders. Bevor der Abend ausarten kann, überzeugen wir uns davon, dass die Duschen funktionieren – und das sie tatsächlich warmes Wasser ausspucken. Was für eine Wohltat!
Ich will aufs Zimmer, ein wenig Ordnung in meine Klamotten bringen. Dort weilt schon einer dieser seltsamen „Trailrunner“ – Menschen, die mit sehr leichtem Gepäck quasi in den Bergen joggen. Die meisten derjenigen, die wir bisher auf dem GR221 mit diesem Hobby getroffen haben, waren sehr nett. Dieser Herr jedoch kann kaum verbergen, dass er sich für etwas Besseres hält. Er ist schon eine Weile in diesem Refugi und hat sich sogar mit der Putzfrau schon angelegt. Der „schreibende Franzosenhutträger“ spielt dem Herrn einen kleinen Streich, dessen Inhalt ich nicht näher eingehen will. Nicht, dass der Trailrunner demnächst noch vor meiner Tür steht, weil ich herzhaft drüber lachen musste…
Ich schlafe wie ein Stein – allerdings erst, als ich in der Lage bin, das Schnarchkonzert von Vater und Sohn im Zimmer auszublenden. Ein klein wenig wünsche ich mir mein Zelt zurück.
Morgen geht’s auf die letzte Etappe des GR221 bis nach Pollenca.
Dabei könnte ich noch ewig weiterlaufen. *schnief*
6. Tagespensum: rund 15 Kilometer, 850 Meter Aufstieg, 850 Meter Abstieg
Hier noch ein paar Fotos, gefolgt von praktischen Links:
Praktische weitere Infos und Links:
Alle Tagesetappen und Herbergen dieser Tour auf dem GR221:
1. Esporles – Valldemossa
2. Valldemossa – Deià (Herberge Can Boi) (hier: Homepage und Buchungsmöglichkeit)
3. Deià – Port de Sóller (Herberge Muleta) (hier: Buchungsmöglichkeit)
4. Port de Sóller – historische Straßenbahn nach Sóller – Biniaraix – Cúber-Stausee
5. Cúber-Stausee – Herberge Tossals Verds (hier: Buchungsmöglichkeit)
6. Tossals Verds – Herberge Son Amer (Lluc) (hier: Buchungsmöglichkeit)
7. Lluc – Herberge Pont Romà (Pollenca) (hier: Homepage und Buchungsmöglichkeit)
Öffentliche Verkehrsmittel auf Mallorca: TIB Mallorca
Hier findest du den ersten Teil dieses Mallorca-Reiseberichtes:
Fernwanderung: Der GR221 auf Mallorca Teil 1: Esporles – Valldemossa – Deià.
Hier findest du den ersten Teil dieses Mallorca-Reiseberichtes:
Fernwanderung: Der GR221 auf Mallorca Teil 2: Deià – Port de Sóller – Cúber-Stausee.
Hier mein Bericht über mein Zelt auf dieser GR221-Tour, das Tarptent Protrail.
Und schließlich noch ein paar Eindrücke von diesen beiden Tagen auf dem GR221:
Eine Antwort auf „Fernwanderung: Der GR221 auf Mallorca (Teil 3: Cúber – Tossals Verds – Lluc)“